Mögliche Szenarien, Beispiele:


4. Beispiel Beschuss auf Luchs

Schrotbeschuss auf einen weiblichen Luchs. Die Obduktion ergab eine trächtige Katze.

Auf den zwei Röntgenbildern lateral Ansicht und den zwei Röntgenbildern dorsoventral Ansicht eines Luchskadavers, der schon eine gewisse Verwesung durchlaufen hat (Gasbildung in der Bauchhöhle), können insgesamt 18 unterschiedliche Schrote identifiziert werden.

Die Größe der Schrotkugeln beträgt ca. 3 mm und mehr. Die Mehrzahl der Schrotkörner ist nur  durch Auftreffen auf das Skelett (Knochen) leicht deformiert.

 

Die Schrotkugeln sind über mindestens 65 cm Körperlänge des Tieres verteilt, wobei mehrere in die Organe der Brust- bzw. Bauchhöhle eingedrungen sind.

Die seitliche Schrotstreuung deutet an, dass der Schussabstand von der Seite mindestens 20 – 25 m betragen hat, vielleicht auch 30 m. Die Lage des Herzens im Brustkorb ist anormal und es findet sich freies Gas zwischen Herz und Brustbein. Dies, in Zusammenhang mit der Lage der Luftröhre nahe am Brustwirbelkörper spricht dafür, dass der Körper nach dem Tod eine Zeit lang in Rückenlage gelegen hat.  Am 4. und 5. Brustwirbel/Dornfortsatz erkennt man verheilte Brüche nahe der Dornfortsätze, während der Dornfortsatz des 7. Brustwirbels beim Beschuss durch ein Schrotkorn beschädigt wurde.

Bewertung der Todesursache

 

Das einzige Schrotkorn, welches die tödlichen Schäden verursacht haben könnte, ist die Schrotkugel am Vorderrand des Herzens nahe der Stelle, wo sowohl der Aortabogen und Aorta pulmonalis vom Herzen gehen.

 

Eine Perforation einer dieser Arterien mit einer 3 mm Schrotkugel führt zu innerer Verblutung ( Haemoperikard oder Haemothorax) die sich über mehrere Stunden hinziehen kann.

 

Haemothorax sowie Pneumothorax sind bei Raubtieren und vor allem bei Katzenartigen ein lebensbedrohlicher Zustand, da diese Tiere ein inkomplettes Mediastinum (Mittelfell)  besitzen wodurch eine offene Kommunikation zwischen der linken und rechten Brusthöhle besteht.

Freie Luft (~Aufhebung des Unterdrucks in der Brusthöhle) oder Blut auf einer Seite der Brusthöhle führt zum Kollaps beider Lungenflügel, somit zum Tod durch Ersticken. Blutungen in einer Hälfte der Brusthöhle bewirkt – starke Blutung vorausgesetzt – Kompression beider Lungenflügel, was letztlich zum Erstickungstod führt.

 

Von den übrigen Schrotkugeln könnte eine Schrotkugel in der Bauchhöhle, auf Höhe des achten Brustwirbels nahe der Aorta, innere Blutungen verursacht haben.

 

Ein Schrotbeschuss auf eine Körperseite mit 3-mm Schroten kann auch durch die sogenannte Knall- und Falleinwirkung (Schock) tödlich wirken, das heißt: Wenn eine Anzahl Schrote gleichzeitig eine Körperseite treffen, so kommt es zu einem sofortigen Kollaps mit Atemlähmung, selbst wenn die einzelnen Schrotkugeln keinen tödlichen Schaden verursacht haben. Wir beurteilen jedoch, dass 18 Schrotkugeln wahrscheinlich zu wenig sind, um einen Knall- und Falleffekt bei einem erwachsenen Luchs zu verursachen.

 

Team Forensik V.A.E. Zimmermann