Beispiel: Forensische Einschätzung zur Todesursache und                                    Todesumständen eines Kleinen Panda Ailurus fulgens


13. Beispiel:

Auszug aus der Begutachtung:

                         Zoologische und anatomische Untersuchung eines Kleinen Pandas - Ailurus fulgens im Sinne                               

                         des Artenschutzes durch Dokumentation morphologische, anatomischer und forensischer                                     

                         Daten und Befunde.

  • Gewicht des Exemplars: 5,7kg 
  • Geschlecht: weiblich
  • Ernährungszustand: sehr gut
  • Körperfettdepot: ca. 800g
  • Kondition: 4 (auf der internationalen Skala 1-5 wohl beleibt)

 

Da die Todesursache nicht eindeutig nachgewiesen werden konnte, erfolgte am 22.12.2020 zuerst die Computertomographie der Körperteile.

In der Computertomographie des Kadavers konnte die Trennung der Thoraxseiten weiter spezifiziert werden. Auf Grund der starken Verunreinigung u.a. durch den Sägeschnitt wurde der Bereich der Brustwirbel Vertebrae thoracicae nur sehr eingeschränkt dargestellt.

Es liegen keine Frakturen vor. Die restlichen knöchernen Strukturen sind ohne Hinweis auf Veränderungen am Knochengewebe.


Die im Bereich des distalen rechten Oberschenkelknochens Os femuris dargestellte Veränderung (Abbildung Nr. 2) beruht aller Wahrscheinlichkeit nach auf einem Rechenfehler bei der 3D-Rekonstruktion und zeigt sich auch in Abbildung 3. Die kraniolateral des rechten Oberschenkels gelegene Weichteilstruktur könnte ein Hinweis auf eine Verdichtung der Muskulatur sein, sollte aber erneut eher als Artefakt gewertet werden (Abbildung 3).

Besondere Aufmerksamkeit wurde zunächst den Röntgenaufnahmen  gewidmet. Hier wurde der Frage nachgegangen, ob ein Bandscheibenvorfall im Bereich T9 u. T10 der Brustwirbel bestätigt werden kann. Durch Vergrößerung der Röntgenaufnahme war es möglich die Intervertebralräume zu vergleichen.

 

Der Intervertebralraum und der ventrale Winkel ab T10/T11 kaudal sind annähernd gleich (Bilddokument Nr. 4 Röntgenaufnahme Ausschnitt stark vergrößert).

Intervertebralraum und Winkel ab T9/T10 kranial ohne Auffälligkeit (Bild 4). Es konnten keine ausgeprägten Zubildungen/Spondylosen messbar dokumentiert werden, weder im Bereich T9/T10 noch zwischen T10/T11.

Nr.5
Nr.5

Die beschriebenen Wirbelkörper wurden forensisch/anatomisch sowie mikroskopisch untersucht (Bilddokument 5). Keine fortgeschrittene Zubildung von Spondylosen.

 

Die Zwischenwirbelspalten im Bereich der Brustwirbel C7/T1 und T10/11 sind physiologischer weise enger als benachbarte Intervertebralspalten. Dies kann leicht eine Bandscheibenproblematik vortäuschen. Ein mineralisierter Bandscheibenvorfall hätte sich wohl im Röntgenbild deutlicher darstellen lassen. Allerdings sollten die „high velocity, low volume“ oder auch „akute nicht kompressive Nucleus pulposus Extrusionen“ genannten Typen der Bandscheibenvorfälle nicht außer Acht gelassen werden. Auch fibrocartilaginöse Embolien stellen eine Möglichkeit einer nicht röntgenologischen feststellbaren, akuten Myelopathie dar.

Wirbelformel des Kleinen Panda:

7 Halswirbel Vertebrae cervicales,

14 Brustwirbel Vertebrae thoracicae,

(T11 kurzer Dornfortsatz antiklinaler Wirbel wie bei hundeartigen)

6 (5) Lendenwirbel Vertebrae lumbales,

3 fusionierte Kreuzwirbel Vertebrae sacrales

 19 Schwanzwirbel Vertebrae caudales

Eine Bewegungsbeeinträchtigung besonders der rechten, hinteren Extremität wurde dokumentiert. Der Kleine Panda verstarb drei Tage nach Feststellung der Behinderung. Säugetiere schonen, besonders nach einem heftigen Sturz aus großer Höhe, betroffene Körperteile.

 (Ein Sturz aus 9m Höhe, mit einer geschätzten Fallgeschwindigkeit von 13m/Sek. entspricht einer kinetischen Energie von 473 Joule. Entscheidend ist hier die Beschaffenheit der Aufprallfläche.)

Kräftige Prellungen verbunden mit dichten Hämatomen können die Beweglichkeit erheblich beeinträchtigen. Im vorliegenden Fall war dies nur sehr eingeschränkt und unter großen Schmerzen möglich, was jedoch durchaus auch zu der Möglichkeit der neurologischen Ursache passen kann. 

 

V. Michel
V. Michel

Beutegreifer haben einen kurzen Verdauungstrakt mit kleinen bis winzigen Blinddarmfortsätzen; Weidetiere und " Allesverwerter" (auch Kl. Panda) besonders Nadelblattfresser!! einen langen Darm und mächtige Blinddarmsäcke. Deshalb war unsere Hauptaufmerksamkeit mehr auf die 307 g Darminhalt gerichtet. 

Diese 307 g von mäßig grüner (von Inhaltsstoffen weitgehend befreit) Farbe könnte durchaus in Zusammenhang mit der unten aufgeführten Hypothese gesehen werden. Es wurde eine leichte Vakuolisierung der Leberzellen beschrieben. Dies sind häufig einhergehende Erscheinungen bei Vergiftungen z.B. beschrieben bei Ziegen!! Gerade Ziegen nehmen auch grobfaserige Pflanzen auf.

Wie schnell das Pflanzengift gewirkt hat, darüber kann nur spekuliert werden.

 

Alle Zusammenhänge sprechen aber sehr stark für die unten aufgeführte Hypothese.

Es ist vorstellbar, dass die Nadeln einer großen Eibe (8-10m Höhe), die sich im Gehege befindet und bis auf Bodennähe begrünt ist, intensiver genutzt wurden. Der Ernährungszustand des Exemplars war ausgezeichnet. Der Magen war mit 168g ausreichend und frisch gefüllt. Der Darm mit 307g. Leider wurden der Magen- bzw. der Darminhalt nicht toxikologisch untersucht. Es kann davon ausgegangen werden, dass der Kleine Panda verstärkt Eibennadeln zu sich genommen haben könnte. Der Mageninhalt wurde mit „grünem, faserigen Inhalt“ beschrieben.

 

Eibennadeln sind hochtoxisch. Das enthaltene Alkaloidgemisch ist u.a. stark herzwirksam. Höchster Gehalt in den Wintermonaten. In zerkleinerter Form (durch Freisetzten, wie zerkauen), sind die Inhaltsstoffe um den Faktor 5 stärker wirksam. Leider war es nicht möglich konservierte Organproben von dem Kadaver auf dieses Gift zu untersuchen.

 

Zur Bepflanzung von Tiergehegen sollte die Eibe, Taxus baccata L. 1753 nicht verwendet werden.  

 

Es ist deshalb nicht auszuschließen, dass der Kleine Panda an einer Vergiftung durch Eibennadeln verstorben ist.

Team Zootomie/Forensik

Zimmermann,  Scharnhölz